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Theodor Heuss

 

Bürger im Zeitalter der Extreme. Von Ernst Wolfgang Becker. Stuttgart (Verlag Kohlhammer) 2011; 184 Seiten, € 18,90. ISBN: 978-3-17-021490-3.

Das Werk zeichnet Theodor Heuss' vielschichtigen, mitunter auch widersprüchlichen Lebensweg im 20. Jahrhundert nach. Ernst Wolfgang Becker verfolgt mit seinem Lebensportrait - das er selbst als biographischen Versuch bezeichnet - vor allem zwei Anliegen: Er wehrt sich gegen die Vereinnahmung des ersten Bundespräsidenten als "Gewährsmann für die bundesrepublikanische Demokratie" und er tritt dessen "Verkitschung" und "Verniedlichung" als "zigarrenrauchender, gemütlicher 'Papa Heuss'" entgegen.

 

 

Die knappe, wissenschaftlich fundierte Biographie bietet dem Leser deshalb auch keine einfachen Identifikationsmöglichkeiten. Vielmehr richtet der Autor den Blick auf den Bürger Heuss, bei dem "Politik und Kultur [...] eine seltene Symbiose ein[gingen]". Dass dessen Demokratie- und Politikverständnis, sein Verständnis von Staat und Nation, zeitgebunden waren und ihn mitunter nicht vor aus heutiger Zeit befremdlich erscheinenden Fehleinschätzungen bewahrten, wird u.a. an seiner Zustimmung zum "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich" dargestellt. Der Autor ordnet diesen "biographischen Makel" in Theodor Heuss' Staatsverständnis ein - dies gelingt ihm ohne selbstgerechtes Urteil des Nachgeborenen.

Der weitverbreiteten Entpolitisierung der Biographie und des Lebenswerks Theodor Heuss' begegnet der Autor, indem er die Widersprüche und Entwicklungen dieses Lebenswegs darstellt und im letzten Kapitel die Frage untersucht, welche Relevanz Theodor Heuss noch für die Gegenwart besitzt - über seine Rolle als Zitatengeber hinaus.

Jörn Adler


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