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Ein Volk von Experten

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

während Fußballmeisterschaften ist häufig die Rede davon, die Deutschen seien ein Volk von Fußballtrainern. Im Laufe der aktuellen Diskussion um die Entwicklung auf den Finanzmärkten kommt der Eindruck auf, die Deutschen seien ein Volk von Finanzexperten.

Leider fehlen uns offenbar richtige Experten, vielleicht hätten schon früher qualifizierte Fachleute "So nicht!" rufen müssen - nun reden eben alle durcheinander, Euro-Skeptiker, Europa-Skeptiker und natürlich auch Nörgler und Kapitalismuskritiker.

Politische Entscheidungen sind selten einfach zu treffen. Nicht nur die Euro-Rettung ist kompliziert, auch die Entscheidung über ein städtisches Schwimmbad muss aus vielen unterschiedlichen Blickwinkeln bewertet werden. Erst recht die Entscheidung über den groß angelegten Umbau einer Bahnhofsanlage!

So richtig es ist, die Bürger an der Entscheidung über Projekte zu beteiligen, so falsch kann es sein, der möglicherweise momentanen Stimmung in der Bevölkerung den Vorrang vor qualifizierter Expertenmeinung zu geben.

Demokratie lebt vom Mitmachen, auch vom Mitentscheiden. Aber genauso wenig, wie wir ein Volk von Fußballtrainern sind, sind wir ein Volk von Finanzexperten, Projektentwicklern oder Verkehrsplanern. Entsprechend sollten bei politischen Entscheidungen sachliche Beweggründe Vorrang haben vor der momentanen Stimmung.

Auf der kommunalen Ebene können Entscheidungen unmittelbar nachvollzogen werden - oder eben nicht. Vor Ort haben die Bürger die besten Möglichkeiten, zu hinterfragen, welche Beweggründe den Ausschlag für das eine Projekt und gegen die andere Ausgabe gegeben haben.

Demokratie vor Ort beginnt vermutlich immer dort, wo die Bürger ihre eigene Autorität als Entscheider und als Aufsicht ernst nehmen.


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